Ein halbes Jahr nach Depression-Petition: Was hat sich verändert?

Die Petition von MovieJam Studios an den Bayerischen Landtag wurde am 9. Mai 2019 von der Staatsregierung angenommen. Verändert hat sich seitdem leider trotzdem kaum etwas.
Lesen Sie in dieser neuesten Presseerklärung zum aktuellen Stand.

„Wir sind enttäuscht von einer reinen Symbolpolitik der Staatsregierung“, da sind sich die diesjährigen Abiturienten Alexander Spöri und Luca Zug (18) aus Taufkirchen bei München einig.
Eigentlich ist ihnen etwas Besonderes gelungen: Nur rund drei Prozent aller Petitionen an den Bayerischen Landtag werden von der Staatsregierung angenommen.
Darunter ihre eigene: 42.000 Unterschriften für mehr Aufklärung über Depression an bayerischen Schulen, Treffen mit dem Kultusminister Michael Piazolo (FW) und beinahe täglich mit Abgeordneten. „Wir mussten denen erst einmal bewusst machen, welches Ausmaß die Jugendliche Depression hat, damit sie unsere Forderungen befürworten.“
Das schafften sie allemal: Am 9. Mai stimmte der gesamte Bildungsausschuss einstimmig mit einer Würdigung für die teilweise Umsetzung der Petition. „Doch bis heute ist faktisch fast nichts passiert“, sagt der Filmemacher Luca Zug. Zusammen mit dem Jugendkollektiv „MovieJam Studios“ drehte er das Dokumentardrama „GRAU IST KEINE FARBE“.

DEN BETROFFENEN EINE STIMME GEBEN

Mehr als zwei Jahre recherchierten die Jugendlichen mit jeweils mehreren tausend Stunden Arbeitsaufwand, über die jugendliche Depression. „Damals auf dem Weg zum Abitur haben wir bemerkt, dass zwei bis drei Personen pro Klasse betroffen sind.“ Diese betroffenen Personen gehen dann oft nicht mehr in die Schule, brechen zusammen, isolieren sich völlig. „Deswegen wollten wir ihnen eine Stimme geben und produzierten, unterstützt durch die DGGPN (Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde) den einstündigen Film, ‚Grau ist keine Farbe‘“, sagt Spöri, der Produzent des Films.
Durch ihre vorherigen Filme wie „UNVERGESSEN“ (Gewinner des Tassilokulturpreises der Süddeutschen Zeitung), „Das (Bildungs)system“ (Bayerns bester Jugendfilm) und weitere Projekte sammelten sie viel Erfahrung, doch dieses Thema entwickelte sich für die Schülergruppe zur großen Herzensangelegenheit. Ihr Ziel: Nicht nur einen Film zu drehen, sondern auch etwas zu verändern – Aufklärung über Depression an die Schulen zu bringen.

Ein halbes Jahr nach ihrem Petitionserfolg lädt die Landtagspräsidentin Ilse Aigner (MdL, CSU) am 22. Oktober ab 17:15 Uhr zur Veranstaltung „Psychische Erkrankungen im Blick“ mit Podiumsdiskussion. Gaby Pappenburg moderiert, mit dabei: Teresa Enke (Robert-Enke-Stiftung), Christian Weber (Süddeutsche Zeitung), Peter Bechmann (Betroffener), Prof. Thomas Pollmächer (DGGPN) und das Jugendkollektiv um MovieJam Studios. „Grau ist keine Farbe“ läuft, es gibt eine Kunstausstellung zu psychischen Erkrankungen.
All das ist klingt einwandfrei, hätte sich seit der Petition mit diesem positiven Votum und dem Film etwas verändert.  Aber auch nach knapp einem halben Jahr gibt es kaum Aufklärung über Depression.

 

OFFENER BRIEF AN LANDTAGSPRÄSIDENTIN VERSENDET

„Die Veranstaltung ist ein gutes Zeichen von Frau Aigner, doch es müssen auch Taten folgen“, schreiben die Jugendlichen schon im Vorhinein in einem offenen Brief an die Landtagspräsidentin.
Sie fordern eine wirkliche Veränderung und mehr Handlungsbereitschaft in der Staatsregierung.
Hinter diesem Brief stehen eine Reihe von Experten: Hinter den Jugendlichen stehen unterstützend Prof. Falkai (Leiter des Max-Planck-Instituts für Psychiatrie und der Universitätsklinik München), Prof. Keck (Münchner Bündnis gegen Depression), der Landesverein Angehöriger Psychisch Kranker,
Katharina Schulze (MdL, Grüne), Maximilian Deisenhofer (MdL, Grüne), Claudia Köhler (MdL, Grüne), Margit Wild (MdL, SPD), MdL Simone Strohmayr (MdL, SPD), MdL Matthias Fischbach (MdL, FDP).

Für sie ist die Aufklärung über psychische Krankheiten wichtiger denn je:
Vor allem weil die Depression laut Weltgesundheitsorganisation bis 2021 die zweithäufigste psychische Erkrankung auf der ganzen Welt werden soll. „In keiner Altersgruppe sind Depressionen in Deutschland so weit verbreitet wie unter den 18- bis 29-Jährigen“, zeigt eine Studie des Robert-Koch-Instituts. Depressive sind aufgrund ihrer psychisch instabilen Lage häufiger Opfer von Mobbing — besonders in Schulen und Bildungseinrichtungen. Inzwischen ist Suizid aufgrund depressiver Erkrankung unter Heranwachsenden die zweithäufigste Todesursache. Und in Bayern finden die meisten Suizide statt. Mehr als die Hälfte aller Betroffenen findet keinen Therapieplatz, Lehrer sind überfordert, Sozialpädagogen ausgelastet, Eltern wissen sich nicht zu helfen und Depressive werden weiterhin stigmatisiert.

Minister Michael Piazolo (FW) reagierte nach der Petition, die im Internet 42.000 Unterschriften sammelte, bereits im Frühjahr mit einem „Zehn-Punkte-Plan“ für mehr Aufklärung über Depression. Der würde nach den Betroffenen und Jugendlichen allerdings nur sporadisch umgesetzt. Auch die Stellungnahme der Staatssekretärin Stolz zum Zwischenstand der Umsetzung von Piazolos-Plan lese sich „unenthusiastisch“. Denn die meisten Inhalte werden wohl ohne konkrete Zeitangabe eingeführt. Das sei besonders schade, denn wir vergessen eines zu oft: Aufklärung über Depression – mit der man Betroffenen Hilfsangebote aufzeigt – ist reine Prävention vor jugendlichen Suiziden. Ein Ziel, für das es sich zu kämpfen lohnt. Anfangs gelegentlich mit einem Film, einem Zehn-Punkte-Plan oder einer Veranstaltung mit Diskussion. „Aber damit darf es nicht aufhören“, sagt Zug. „Ilse Aigner muss dafür eintreten und das der Regierung endlich klarer machen“, ergänzt Spöri.

Am 22. Oktober 2019 lädt ab 17:15 Uhr bis 22 Uhr Landtagspräsidentin Ilse Aigner (CSU) in den Senatssaal des Maximilianeums. Ab 17:15 Uhr läuft „Grau ist keine Farbe“, ab 19 Uhr eröffnet Aigner mit einer Rede den Abend. Bei der anschließenden Podiumsdiskussion sitzen die Frau des verstorbenen Fußballers Enke, Christian Weber von der Süddeutschen Zeitung, der Betroffene Peter Bachmann und Alexander Spöri von MovieJam Studios auf der Bühne und diskutieren über Depression in unserer Gesellschaft. Eine Anmeldung beim Bayerischen Landtag ist notwendig, es werden rund 300 Gäste erwartet.

Lesen Sie ebenfalls:

Den offenen Brief an Landtagspräsidentin Ilse Aigner im Original

Den Bericht zum Zwischenstand von Staatssekretärin Stolz

Die ursprüngliche Petition in vollständiger Fassung   

Die ursprüngliche Petition in gekürzter Fassung                          

Infos zum Film unter www.moviejam.de und im Pressespiegel

Bilder honorarfrei auf Anfrage

 

Kontakt für Presse:

Alexander Spöri:
alexander.spoeri@moviejam.de
015114931647

 

Luca Zug:
luca.zug@moviejam.de
017682724191

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